Hans Posegga wurde in Berlin am 31. Januar 1917 als viertes Kind einer Beamtenfamilie geboren. Sein Vater war der dreizehnte Sohn eines ostpreußischen Bauern. Zuhause wurde viel musiziert und schon früh begann er mit dem Klavier- und Geigenunterricht, lernte bei seinen älteren Schwestern Gretel und Marie, sowie bei verschiedenen ortsansässigen Musiklehrern. Aufgrund seines Fleißes und seiner Begabung ging er schon mit 17 Jahren nach Dortmund und erhielt dort Unterricht als Pianist bei Heinz Schüngeler und wurde auch am dortigen Theater als Jungdirigent eingesetzt.
Der zweite Weltkrieg bereitete seiner Ausbildung ein jähes Ende. Bis zuletzt hat er diese Jugendjahre, die er als Soldat verbringen mußte, in seiner Laufbahn als Musiker sehr vermißt. Sensibel und einfühlsam, wie es ihm später als Komponist für dramaturgisch gestaltete Werke zugute kam, litt er schrecklich unter den Anforderungen, die das Soldatenleben an ihn stellte. Nie konnte er sich mit der Ideologie des Regimes identifizieren und gehörte auch nie zur Partei. Die Traumata verfolgten ihn bis ins hohe Alter.
Als er in Paris stationiert war, gelang es ihm und seinem Freund Eduard Drolc (später Berliner Philharmoniker und Gründer des gleichnamigen Quartett’s „Drolc Quartett“) Unterricht bei den damaligen Größen des Musiklebens Jacques Thibaud und Alfred Cortôt zu nehmen. Diese beiden genialen Musiker besaßen die menschliche Größe, in den jungen deutschen Soldaten keine Feinde zu sehen, sondern einfach junge Musiker, die begierig waren, etwas zu lernen. Ungeachtet aller Fronten und selbst der Tatsache, daß Jacques Thibaud zwei Söhne im Kriege verloren hatte, durfte Hans Posegga bei ihnen in Paris studieren und die Impressionisten der französischen Musik kennenlernen, die damals in Deutschland verpönt waren.
Als Lehrer am Trapp’schen Konservatorium in München konnte er nach dem Krieg in der Musikwelt wieder Fuß fassen und traf auch bald auf die Gruppe des „jungen deutschen Films“ – die Brüder Peter und Ulrich Schamoni, Boris Marangosoff, – Wolfgang Urchs (Zeichentrickfilme) Ferdinand Khittl , Raimund Rühl und noch viele andere.
Im Schwabing der 50 und 60er Jahre traf man sich bei der „Schwester und ich“ und auf der Leopoldstraße im Hahnhof, betrachtete die Bilder des Filmstreifens gegen das Tageslicht und vereinbarte die dazugehörige Musik. Es war eine kreative und technikarme Zeit. „ES“ – Regisseur Ulrich Schamoni – war der erste große Spielfilm, dann folgte „Schonzeit für Füchse“ – Regisseur Peter Schamoni – für den Hans Posegga 1966 das „Filmband in Gold“ bei der Berlinale erhielt.
In den 60 Jahren gab es kaum ein Dokumentar- oder Kurzfilmfestival, bei dem der dominierende Komponist nicht Hans Posegga hieß. Viele dieser Filme erhielten Preise und nicht zuletzt wegen ihrer Musik.
In diesen Jahren begann auch eine bis an sein Lebensende dauernde künstlerische Zusammenarbeit mit dem Westdeutschen Rundfunk. In diesen Anfangsjahren des Fernsehens wurden die Filme – meist Kinderprogramme unter der Leitung des Redakteurs Gert Müntefering – im Studio gedreht und die Musik während der Aufnahmen direkt auf die Tonspur bei den Dreharbeiten aufgenommen.
So entstanden die Sendereihen „Ratereisen auf dem Dachboden“ „Kaspar und René“ mit dem unvergessenen René Körner, der viele der von Hans Posegga komponierten Kinderlieder interpretierte. Es war zum ersten Mal, daß man den Kindern nicht typische Kinderlieder vorsetzte, sondern es waren Kompositionen, die ein Zugeständnis an den Zeitgeist darstellten, die Seele der Kinder berücksichtigten und von großem kompositorischen Können zeugten.
Die Titelmelodie zu der „Sendung mit der Maus“, die seit 1971 diese Sendung eröffnet, gibt ein hörbares Beispiel dafür, daß er sich auch in der kleinsten Form in meisterhafter Weise auszudrücken verstand.
In den Fernsehstudiojahren kam es Hans Posegga sehr zugute, daß er eine erfolgreiche Pianistenlaufbahn nach dem Krieg in den deutschen Rundfunkanstalten hinter sich hatte. Die vielen von Zeit zu Zeit immer wieder gesendeten Aufnahmen belegen sein großes pianistisches Können. Auch nach Paris zum Radio diffusion française wurde er wieder zu Aufnahmen gerufen.
1958 erteilte ihm der Bayerische Rundfunk einen Auftrag für ein „Klavierkonzert mit großem Orchester“, das unter der Leitung des Dirigenten Rudolf Alberth uraufgeführt , 1986 neubearbeitet und mit dem Solisten Kurt Wolf im April 1987 in Berchtesgaden erneut aufgeführt wurde.
Als Lehrer am damaligen Trapp’schen (heute Richard Strauß) Konservatorium hat er viele Schüler in die Kunst des Klavierspielens eingeweiht, bis seine kompositorische Berufung ihn dazu führte 1958 (?) diese Tätigkeit zugunsten einer Existenz als freier Komponist aufzugeben.
In den letzten 20 Jahren seines Lebens kam er wieder zurück auf seine ursprüngliche Berufung als Komponist autonomer Musik und schrieb zahlreiche Instrumentalwerke, zwei große Oratorien, mehrere Bühnenstücke. Bei seinem Tod am 19. Mai 2002 lagen auf seinem Klavier noch die Konzepte für ein Konzert für Bandoneon und großes Orchester von dem noch der dritte Satz fehlt, eine Klavierschule mit zahlreichen fertigen Piecen. Auch das Cello Konzert wartete auf die Instrumentierung.
Hans Posegga starb am 19.5.2002 nach kurzer Krankheit in Wien.
Berg im August 2002
Astrid Posegga